Haiti liegt in Trümmern und man möchte helfen. Ich habe mir lange überlegt, welcher Organisation ich wie viel für Haiti spende. Und da ist mir das Projekt „Hope for Haiti Now“ ins Auge gefallen. Künstler, wie Jay-Z, Shakira, Neil Young, Alicia Keys, Stevie Wonder, (natürlich) Bono und viele andere, geben ein Benefizkonzert und bringen danach eine CD (6,99 €) mit den Livemitschnitten raus, deren Erlös dann wieder nach Haiti geht. Klasse Idee: Da hat dann jeder was von. Die Künstler ein bisschen Ruhm, der Spendende eine CD mit guten Liedern von oft großen Künstlern und Haiti jede Menge Geld. Die Sache wird auch noch dadurch durchsichtig, dass man nachlesen kann, was aus dem Erlös wohin geht. WOW. Ich hatte also meinen Spendenweg gefunden.
Dann habe ich mir die CD angehört. War ich wirklich so naiv? Das die Künstler die Lieder nicht geweint haben, bleibt ein Wunder. Man kann sich dazu die Bilder des Zerstörten Haiti, der Leichen und der weinenden Kinder als Hintergrundbemalung der Show nur zu gut vorstellen. Und irgendwie nehme ich so manchem der vertretenen Künstler nach dem überzogenen Kitsch ihre herzliche und reine Anteilnahme nicht mehr ab. Beyoncé: „Haiti, I can see your Halo“ <- war das nicht mal ein Liebeslied mit einer Aussage?
Plötzlich fühlte ich mich so an die Beerdigung von Michael Jackson erinnert. Genauer gesagt an die Szene, der man ja nicht entgehen konnte, in der seine Tochter in die Kamera weint und noch mal sagt, dass sie ihn liebt. Kein Zweifel: das war echt. Aber es zeigt das Geschäft mit der Katastrophe. Der Tod des Vaters ist eine persönliche Katastrophe – Haiti eine Naturkatastrophe. Beides ist für die Betroffenen furchtbar. Die Betroffenen brauchen in beiden Fällen Hilfe – keine Frage. Doch schon sind die Medien da und bauschen es noch mehr auf. Sorgen dafür, dass wir uns im Leid anderer suhlen können und wir das Gefühl bekommen, persönlich betroffen zu sein. Plötzlich waren Alle zeit ihres Lebens Michel Jackson Fans. Plötzlich lieben Alle das kleine Land Haiti, das vorher völlig an ihnen vorbeiging. Plötzlich wird allen ein schlechtes Gewissen gemacht, wenn sie nicht betroffen sind und spenden wollen oder sich engagieren. Und das Leid der restlichen Welt gerät in Vergessenheit.
Versteht mich nicht falsch: Ich halte es für wichtig, dass geholfen wird und die Medien auf Katastrophen und auf Leid aufmerksam machen. Und als Mensch und Christ sollte man Nächstenliebe, Solidarität und tätige Hilfsbereitschaft ernst nehmen. Aber das heißt nicht, dass man sich am Leid anderer ergötzen muss. Es ist ein schmaler Grad, den die Medien gehen sollten zwischen emotionsloser Information und wachrütteln und empfänglich machen für das Leid. Ich habe das Gefühl, dass manchen Medien nichts daran liegt auf diesem Weg zu bleiben
In diesem Sinne: Haltet die Augen offen!
Der Michel